Der Ber­lin Fla­neur: Spät­abends auf dem Kurfürstendamm

Blick über den abend­li­chen Breit­scheid­platz — links Kur­fürs­ten­damm, Mit­te Gedächt­nis­kir­che, Rechts Biki­ni­haus — auf­ge­nom­men 18. April 2018

Letz­tens war ich von einem Freund zum Essen ins „Mar­jell­chen“ in der Momm­sen­stra­ße ein­ge­la­den wor­den. Nach­dem wir dort ein mehr als reich­li­ches Menü genos­sen hat­ten, war es spät am Abend. Damit das Essen „rut­schen“ konn­te, beschlos­sen wir, zu Fuß in Rich­tung Bahn­hof Zoo und dem Breit­scheid­platz zu laufen.
Wir gin­gen die Schlü­ter­stra­ße hin­un­ter zum Kurfürstendamm.
Ich gebe es zu, der Ku´damm, war in den letz­ten Jah­ren nicht so mein Ding. Er hat­te sei­nen Flair ver­lo­ren, wirk­te her­un­ter­ge­kom­men und es gab ande­re Stra­ßen in Ber­lin, die ich inter­es­san­ter fand.
Doch an die­sem Abend wur­de ich über­rascht. Der Kur­fürs­ten­damm hat wie­der das gewis­se Etwas. Auch mein Freund war über­rascht, dass er wie­der funkelte.
Die Schau­fens­ter der Luxus­lä­den strahl­ten in der Dun­kel­heit und ver­führ­ten zum Bum­meln. Die Restau­rants sind wie­der edel und nicht immer billig.
Wir gin­gen am Haus Cum­ber­land vor­bei, das einst ein Ver­wal­tungs­ge­bäu­de war, dann ein Film­schau­platz, unter ande­rem für einen „Jason Bourne Film“, und heu­te ist es ein Geschäfts­haus mit Luxusapartments.
Unser Weg führ­te uns wei­ter an einer Ber­li­ner Thea­ter-Insti­tu­ti­on vor­bei, die in die­ser Form Geschich­te ist – das „Thea­ter und die Komö­die am Kurfürstendamm“.
Sie wer­den abge­ris­sen und in 2 oder 3 Jah­ren soll hier ein neu­es Thea­ter ste­hen. Ob die­ses neue Thea­ter dann dem Charme das „Alten“ hat, bleibt abzu­war­ten. Ein Stück wei­ter, an der Ecke Uhland­stra­ße und Kur­fürs­ten­damm, ist eines der bekann­tes­ten Kinos der Stadt, das von der York-Grup­pe betrie­be­ne „Cine­ma Paris“. Die­ses Kino, das seit 1950 hier behei­ma­tet ist, ist eines der letz­ten Kinos am Kur­fürs­ten­damm und die­ses Gebäu­de war 1983 Ziel eines Ter­ror­an­schlags, beim dem ein Mensch getö­tet wor­den war und 23 Per­so­nen ver­letzt wurden.
Kinos gab es einst am Ku´damm wie Sand am Meer. Doch die meis­ten die­ser Film­pa­läs­te wur­den in den letz­ten 25 Jah­ren geschlos­sen und in Geschäf­te umge­wan­delt. Wie das Kino „Film­büh­ne Wien“, in dem sich heu­te der Flag­ship­s­to­re von Apple befin­det. Ich ken­ne es noch aus der Zeit nach dem Mau­er­fall, als es ein „Schach­tel­ki­no“ war. Davor, in den 50-ziger Jah­ren, ist eines der wich­tigs­ten Kinos von Ber­lin gewe­sen, denn es gehör­te zu den Licht­spiel­häu­sern, in denen die „Ber­li­na­le“ gebo­ren wur­de. Und ein Onkel erzählt noch heu­te davon, wie wild es dort zuging, als dort die gro­ßen Film­stars auf­tauch­ten, wenn sie ihren Film vorstellten.
Auch ein ande­res Kino am Kur­fürs­ten­damm, dass wich­tig für die Geschich­te des deut­schen Films war, ist ein Shop. Dort wo heu­te „Benet­ton“ sei­ne Beklei­dung ver­kauft, befand sich der „Glo­ria-Palast“, der 1943 zer­stört wur­de und nach dem Krieg fast an der­sel­ben Stel­le wie­der­auf­ge­baut wur­de. In die­sem Kino wur­de 1930 „Der blaue Engel“ mit Mar­le­ne Diet­rich urauf­ge­führt und noch ein Stück zum Breit­scheid­platz hin, auf der ande­ren Stra­ßen­sei­te gab es den berühm­ten „Mar­mor­pa­last“ in dem ein spa­ni­sches Mode­haus sei­nen Laden hat.
Wenn Sie nun über den Breit­scheid­platz gehen, wer­den Sie sehen wie sich die Gegend ver­än­dert hat. Altes, wie das „Schim­mel­p­fen­nig-Haus“, wur­de abge­ris­sen und durch Neu­es ersetzt. Mal ist es gelun­gen, mal nicht.
Und wenn Sie dann auf dem Breit­scheid­platz ste­hen und in Rich­tung Bahn­hof Zoo bli­cken, dann mer­ken sie wie schön die alte City (West) gewor­den ist.
Hier strah­len dann nicht nur der „Zoo-Palast“ und das „Biki­ni-Haus“, son­dern auch die bei­den Ber­li­ner „Mini-Wol­ken­krat­zer“, das „Uper-West“ und das „Zoo­fens­ter“, um die Wet­te. Bei die­sem Anblick stellt sich dann wie­der das alte Gefühl ein, dass der Kur­fürs­ten­damm das Herz der „City – West“ ist.
Wie einst als es hier noch jede Men­ge Kinos gab.

Info­kas­ten:

Start­punkt des Spa­zier­gangs ist der der Geor­ge-Grosz Platz an der Ecke Kur­fürs­ten­damm und Schlü­ter­stra­ße. Dann immer gera­de aus bis zum Breit­scheid­platz. Sie kön­nen die­sen Spa­zier­gang auch in umge­kehr­ter Rich­tung machen bis zum Oliv­aer Platz.

Län­ge der Stre­cke ca. 1,5 km

Anfahrt:

Oliv­aer Platz

Bus:
M19, M29, X10, 109, 110, 249, N10

zurück Rich­tung Breit­scheid­platz laufen.

erschie­nen in der BBZ — Ber­li­ner Behin­der­ten­zei­tung 07/08 2018

Der Ber­lin Fla­neur: Einst das „Ende der Welt“ — Der Tränenpalast

Trä­nen­pa­last — Eingang

 

Las­sen Sie uns heu­te eine Zeit­rei­se machen. Sagen wir in das Jahr 1985. 
Der Ort den wir dies­mal besu­chen, sah damals ganz anders aus. Das moder­ne Hoch­haus rechts neben uns gab es noch nicht. Hier stan­den Bäu­me und Sträu­cher. 
Von der Fried­rich­stra­ße, hin­ter uns, wabert der Duft von Zwei­tak­ter­ab­ga­sen in unse­re Nase. 
Wir hören das typi­sche Moto­ren­ge­räusch der Tra­bant-Moto­ren, die ein­fah­ren­de S‑Bahn und sehen Men­schen die sich umar­men. 
Eini­ge über­schwäng­lich mit Tüten und vol­len Taschen in der Hand. Ande­re drü­cken sich zum Abschied lan­ge. Wenn man genau hin­hört, kann man manch­mal auch ein leich­tes Schluch­zen hören. 
Dann gehen die Leu­te mit zögern­den Schrit­ten, sich immer wie­der umdre­hend zum Gebäu­de mit der gro­ßen Glas­front.
Wenn wir hin­ter die­sem Bau über das Was­ser der Spree schau­en, steht dort noch das Gebäu­de des „Alten Fried­rich­stadt­pa­las­tes“. Es ist Win­ter und ein grau­er trost­lo­ser Dunst hat sich über die Gegend rund um den S‑Bahnhof Fried­rich­stra­ße gelegt. 
In das Gebäu­de mit der gro­ßen Fens­ter­front, wür­de ich nicht hin­ein­kom­men. Wenn ich es ver­such­te, wür­de ich ver­haf­te wer­den und im Stas­ik­nast lan­den, 
Das Wort „Trä­nen­pa­last“ in hell­blau­en Buch­sta­ben und die vier Wor­te dar­un­ter „Ort der deut­schen Tei­lung“  wären damals 1985 undenk­bar gewe­sen.
Für mich als nor­ma­ler DDR — Bür­ger, war hier eini­ge Meter vor der soge­nann­ten „Grenz­über­gangs­stel­le Bahn­hof Fried­rich­stra­ße“  das „Ende der Welt“. Und der Witz an den die­sem gan­zen Bau war, das die „Mau­er“ ‚oder wenn sie so wol­len „die Gren­ze zu Ber­lin (West)“, noch ein gan­zes Stück ent­fernt lag. Denn der Bahn­hof und der „Trä­nen­pa­last“ lagen noch mit­ten im Gebiet der DDR.
Heu­te ist die­se einst so welt­be­kann­te „Grenz­über­gangs­stel­le“ ein Muse­um. Sie gehört zur Stif­tung „Haus der Geschich­te der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land“.
Das Wort „Muse­um“ passt auch nicht so recht. Aus­stel­lung schon eher. 
Zu sehen sind Kof­fer, Schau­ta­fel, Mul­ti­me­dia-Ele­men­te, Grenz­über­gangs­schal­ter ‑eng und klaus­tro­pho­bisch- und man kann jede Men­ge Ton­do­ku­men­te von Zeit­zeu­gen sich anhö­ren. Für inter­es­sier­te Tou­ris­ten, mag die­se Aus­stel­lung gut sein. Sie zeigt his­to­risch nüch­tern wie es damals hier an die­sem Ort zuging, wenn sich die Men­schen aus den bei­den deut­schen Staa­ten begrüß­ten und wie­der ver­ab­schie­den muss­ten.
Doch für mich per­sön­lich ist die­ser „Ort der deut­schen Tei­lung“ zu emo­ti­ons­los.  Ich habe ihn nach dem Mau­er­fall erlebt. Und immer wenn ich im „Wes­ten“ über­nach­tet hat­te und am Mor­gen zur Arbeit „in den Osten“ gefah­ren bin, hat­te ich so ein ganz selt­sa­mes Gefühl, wenn ich den nun „off­nen“ Grenz­über­gang pas­sier­te.
Das war bei mei­nen Besuch der Aus­stel­lung nicht mehr so. Es wirk­te dort für mich alles clean. Die Decke ist noch die­sel­be wie 1989 auch der Fuß­bo­den ist noch der sel­be. Bei­des im Ori­gi­nal­zu­stand neu her­ge­rich­tet. Aber man hat mit der Reno­vie­rung und der Neu­ge­stal­tung des Inn­ren, die­sem Ort  irgend­wie die See­le genom­men. 
Wie gesagt das ist mein ganz per­sön­li­cher Ein­druck. 
Als ich den “Trä­nen­pa­last“ wie­der ver­ließ, dreht ich mich auf der Trep­pe noch­mals um. Ich schau­te in die ehe­ma­li­ge „Abfer­ti­gungs­hal­le“, da wuß­te ich was mir fehl­te. Es „men­schel­te“ nicht. 
Wenn ich mir vor­stel­le wie­vie­le Trä­nen hier auf dem Fuß­bo­den getropft sind, von Men­schen, die wuß­ten, dass sie nie mehr zurück­keh­ren konn­ten oder das sie viel­leicht ihre Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen für eine lan­ge Zeit nicht wie­der­se­hen wür­den, dann ist die­se Aus­stel­lung ziem­lich nüch­tern, um es höf­lich aus­zu­drü­cken. 
Eine Füh­rung, die es auch in „Leich­ter Spra­che“ gibt, habe ich nicht mit­ge­macht. 
Den Audio­gui­de zum „Trä­nen­pa­last“ kann man auf den Sei­ten der Stif­tung her­un­ter lan­den. Auch von ihm wur­de ich nicht berührt, obwohl er sehr gut  gemacht ist. Es kamen kei­ne rich­ti­gen Emo­tio­nen bei Hören her­über.
Eins hat der Besuch des „Trä­nen­pa­las­tes“ bei mir aus­ge­löst. Auf der Heim­fahrt begann mein Kopf­ki­no. Es tauch­ten längst ver­gra­be­ne Erin­ne­run­gen und Bil­der auf. Und etwas Weh­mut, an die Zeit damals im Win­ter 1989.

Info­kas­ten:

Trä­nen­pa­last
Reichs­tag­ufer 17
10117 Ber­lin

Öff­nungs­zei­ten: 

Di — Fr.: 9 — 19 Uhr
Sa, So, Fei­er­tags: 10 — 18 Uhr
Mo. geschlos­sen

Ein­tritt frei

Ver­kehr­kehrs­an­bin­dung:
U + S Bahn, Tram, Bus, diver­se Lini­en
Sta­ti­on Bahn­hof Friedrichstraße

Inter­net: www.hdg.de 

e‑mail: besucherdienst-berlin@hdg.de

Tel: (030) 46 77 77 9–11

Muse­um ist Barrierefrei.

Inklu­si­ve Ange­bo­te wer­den kos­ten­frei ange­bo­ten (z. B. Gebär­den­sprach­dol­met­cher, Füh­rung in Leich­ter Spra­che) — Anmel­dung wird erbeten

ver­öf­fent­lich in der BBZ — Ber­li­ner Behin­der­ten Zei­tung 04/2019

Der Ber­lin Fla­neur: Ein Idyll mit­ten in Wil­mers­dorf — Der Rüdes­hei­mer Platz — Audio

Sieg­fried­brun­nen auf dem Rüdes­hei­mer Platz

Der Ber­lin Fla­neur” im Radio. 

Fol­ge: Ein Idyll mit­ten in Wil­mers­dorf — Der Rüdes­hei­mer Platz

Erst­sen­dung: 14. Sep­tem­ber 2018 — Ohr­funk

Ver­lin­kung mit ohrfunk.de Kom­pakt

Rüdes­hei­mer Platz in Ber­lin Wil­mers­dorf — Siegfriedbrunnen

auf­ge­nom­men im Som­mer 2018

Der Ber­lin Fla­neur: Ein Idyll mit­ten in Wil­mers­dorf — Der Rüdes­hei­mer Platz

Rüdesheimer-Platz-01.jpg

Rüdes­hei­mer Platz, Blick auf den Siegfriedbrunnen

An den Ort, zu dem ich Sie heu­te ent­füh­ren möch­te, gibt es nichts Spek­ta­ku­lä­res zu ent­de­cken. Aber er hat es bis in die „New York Times“ geschafft. Denn er gehört, laut die­ser Zei­tung, zu den 12 schöns­ten Orten in Europa.
Die­se Behaup­tung mach­te mich neugierig.
An einem schö­nen Som­mer­tag fuhr ich hin – zum „Rüdes­hei­mer Platz“ nach Wilmersdorf.
Alten „West­ber­li­nern“ ist die­ser Platz nicht unbe­kannt. Seit 1967 gibt es hier, auf einer Ter­ras­se am west­li­chen Ein­gang des Plat­zes, der eigent­lich auch als klei­ner Park durch­ge­hen könn­te, den „Rhein­gau­er Wein­brun­nen“. Direkt hin­ter dem „Sieg­fried­brun­nen“. Die­se Loka­li­tät, die nur in den Som­mer­mo­na­ten geöff­net hat, sieht aus wie ein Bier­gar­ten. Doch hier wird kein Bier aus­ge­schenkt, son­dern unter­schied­lichs­te Wei­ne aus den hes­si­schen „Rhein­gau“.
Kein Wun­der gehört doch der „Rüdes­hei­mer Platz“ zum soge­nann­ten „Rhein­gau­vier­tel“ in Char­lot­ten­burg Wil­mers­dorf und hat mit dem hes­si­schen Land­kreis eine Partnerschaft.
Der Platz ist ein Idyll. Es geht dort gemüt­lich zu. Im Zen­trum des Plat­zes lie­gen gro­ße bun­te lie­be­voll gepfleg­te Blu­men­bee­te. Umge­ben ist der gesam­te Platz von hohen alten Bäu­men, durch deren Blät­ter­werk die gelb­lich-beigchen Fas­sa­den der wun­der­schön sanier­ten Häu­ser blitzen.
Wenn man sich auf dem Rüdes­hei­mer Platz hin­setzt und so in die Run­de blickt, dann hat man das Gefühl, das man in „alten“ West­ber­lin ist. Alles wirkt gut bür­ger­lich. Die Damen mit ihren Hünd­chen sind topp fri­siert und chic ange­zo­gen. In der gesam­ten Umge­bung des Plat­zes gibt es kei­ne der übli­chen Läden von gro­ßen Laden­ket­ten, son­dern haupt­säch­lich pri­vat geführ­te klei­ne Geschäf­te, wo man noch beim Ein­tre­ten freund­lich begrüßt wird.
Ich kann mir auch vor­stel­len, war­um die „New York Times“ 2015 den Platz in ihre Hit­lis­te auf­nahm. Denn wenn sie hier um den Platz lau­fen, der 1905 ange­legt wur­de, und sich die Häu­ser anschau­en, die ab 1910 errich­tet wur­den und dem eng­li­schen Land­haus­stil nach emp­fun­den sind, dann kommt das auf, was die Amis „Ger­man Gemüt­lich­keit“ nen­nen. Alles ist sau­ber, sehr gepflegt, ruhig und auch etwas spie­ßig. Rich­tig hei­me­lig und man stellt sich vor wie es sich hier am Platz wohl leben lässt.
Der Blick­fang des Plat­zes ist der „Sie­gried­brun­nen“. Er wur­de 1911 erbaut. Mit­tel­punkt ist „Sieg­fried“ als Ross­len­ker, ein aus dem Stein gemei­ßel­ter Ado­nis. Flan­kiert wird er auf bei­den Sei­ten von zwei ihm anbli­cken­den Figu­ren. Zur lin­ken von einem Her­ren mit Wein­kranz auf dem Kopf und Voll­bart. Das ist der Vater Rhein. Und zur Rech­ten von einer jun­gen unbe­klei­de­ten Dame, mit einer Scha­le in der Hand. Das soll eine Wein­kö­ni­gin sein, die auch „Mut­ter Mosel“ genannt wird.
Das Wein­mo­tiv setzt sich auch an den Häu­sern fort, die rund um den Platz lie­gen. An vie­len sind Schmuck­frie­se ange­bracht, die Wein­re­ben und Wein­blät­ter zei­gen. Die fin­det man auch im U‑Bahnhof Rüdes­hei­mer Platz. Dass ein­zig was nicht in die­sem sehr hüb­schen Bahn­hof passt, in die Graf­fi­ti­kunst, an den Flä­chen wo sonst Wer­be­pla­ka­te hängen.
Wenn sie rund um den Rüdes­hei­mer Platz und durch die angren­zen­den Sei­ten­stra­ßen fla­nie­ren, dann kön­nen Sie mit ihren Spa­zier­gang nichts falsch machen.
Mein Tipp: Am bes­ten machen sie die­sen Spa­zier­gang am Nach­mit­tag. Denn vie­le Restau­rants oder auch der Wein­gar­ten machen erst ab 15 Uhr auf.
Na und wenn Sie wie ich dann, geschützt unter dem Blät­ter­werk der hohen alten Bäu­me im „Rhein­gau­er Wein­gar­ten“ ihren Schop­pen trin­ken, dann ver­ges­sen Sie die Zeit. Und das schlim­me dabei ist, es bleibt nicht nur bei einem Schop­pen. Bei mir waren es am Ende vier Gläs­chen und ich ging mit einer leicht wein­se­li­gen fro­hen Stim­mung nach Hause.

Info­kas­ten:

Rüdes­hei­mer Platz

Rüdes­hei­mer Platz, 14197 Berlin
Anfahrt:

U‑Bahn U3

Hal­te­stel­le: U‑Bahnhof Rüdes­hei­mer Platz
Bus Linie 186

Hal­te­stel­le U‑Bahnhof Rüdes­hei­mer Platz
Rhein­gau­er Weinbrunnen

Rüdes­hei­mer Platz 1

14197 Ber­lin
Öff­nungs­zei­ten:

Mai-Sep­tem­ber, täg­lich 15:00–21:30 Uhr

Der Ber­lin Fla­neur: Von nack­ten Skulp­tu­ren und Stra­ßen­bah­nen — Der Wohn­kom­plex mit dem ehe­ma­li­gen BVG — Stra­ßen­bahn­de­pot Charlottenburg

Char­lot­ten­burg, Kno­bels­dorf­fer­stra­ße, Ecke Köni­gin — Eli­sa­beth Stra­ße um 1930
Post­kar­te

Eigent­lich woll­te ich Sie in die­ser Fol­ge auf eine Cur­ry­wurst ein­la­den.
Doch lei­der geht das nicht, denn dass „Cur­ry­wurst-Muse­um“ in der Nähe des „Check­point Char­ly“ hat für immer zuge­macht.
Wie sagt man da so schön. Ein Satz mit X, dass war wohl nix.
Also lan­de­te der fer­ti­ge Arti­kel im Papier­korb und ich muß­te kurz­fris­tig etwas Neu­es fin­den.
Ich über­leg­te und als ich den Arti­kel zum 90. Geburts­tag der BVG am 1. Janu­ar las, hat­te ich den Ersatz gefun­den.
Ich möch­te Sie heu­te zu einem Gebäu­de ent­füh­ren, dass man nun nicht als Sehens­wür­dig­keit ein­stu­fen wür­de, aber es steht in der Ber­li­ner Lan­des­denk­mal­da­ten­bank. Die­ser rie­si­ge Häu­ser­kom­plex steht für einen Teil der Ber­li­ner Ver­kehrs­ge­schich­te. Er befin­det sich im Char­lot­ten­bur­ger Orts­teil West­end in der Köni­gin-Eli­sa­beth-Stra­ße. 
Ich hat­te dort ein Ter­min und woll­te danach mit der U‑Bahn vom Kai­ser­damm zum Breit­scheid­platz fah­ren. So lief ich die Stra­ße in Rich­tung Mes­se­ge­län­de hin­un­ter. An der Kreu­zung Köni­gin-Eli­sa­beth-Stra­ße und Kno­bels­dorff­stra­ße muß­te ich an der Ampel war­ten. Und da stan­den sie. Zwei über­le­bens­gro­ße Skulp­tu­ren, nackt und sehr monu­men­tal. 
Ich blick­te die Kno­bels­dorff­stra­ße hin­un­ter, die zum Olym­pia­sta­di­on führt.  Rechts und links sah ich zwei acht­stö­cki­ge Tor­bau­ten.  An sie schlo­ßen sich zu bei­den Sei­ten der Stra­ße je ein fünf­stö­cki­ger lang­ge­zo­ge­ner Wohn­block an. Ein glat­te Front, nur von vor­ste­hen­den Bal­kons unter­bro­chen, ohne irgend­wel­che archi­tek­to­ni­schen Ver­zie­run­gen. 
Als ich wei­ter zum U‑Bahnhof lief, frag­te ich mich was das für ein Bau war.  Ein Stück wei­ter stand ich vor einer gro­ßen Ein­fahrt über der zwei Wer­be­ta­feln hin­gen, die auf einen Fahr­rad­la­den und einen Super­markt hin­wei­sen. Als ich durch­ging, blick­te ich auf einem rie­si­gen Innen­raum, der teil­wei­se als Park­platz genutzt wur­de und in dem eine gro­ße Hal­le stand. Das beson­de­re an die­sem Innen­hof war, das er von allen vier Sei­ten kom­plett von Wohn­häu­sern umbaut war.
Ich war neu­gie­rig.
Bei einer Tas­se Kaf­fee im Super­markt, goo­gel­te ich und sam­mel­te Infor­ma­tio­nen.
Ich befand mich auf dem ehe­ma­li­gen Stra­ßen­bahn-Betriebs­hof Char­lot­ten­burg, der 1930 eröff­ne­te wur­de. Die umge­bau­te Hal­le mit Super­markt und Fahr­rad­la­den, war einst eine drei­schif­fi­ge Wagen­hal­le, in der auf 29 Glei­sen über 320 Stra­ßen­bahn­wa­gen abge­stellt wer­den konn­ten. 
Die gesam­te Anla­ge hat­te eine Grö­ße von gut 27500 qm, allein das Stra­ßen­bahn­de­pot ist rund 12000 qm groß. Und in den Häu­sern drum­her­um gab es damals Woh­nun­gen für 400 Fami­li­en von Ange­stell­ten der BVG, die 1929 gegrün­de­ten wor­den war.
Wenn Sie sich alte Fotos anschau­en, stel­len Sie fest, hier muß Tag und Nacht jede Men­ge Betrieb gewe­sen sein. Ich frag­te mich wie laut es damals gewe­sen sein mag, wenn zu jeder Tages­zeit Stra­ßen­bah­nen quiet­schend ein- und aus­fuh­ren.
Für uns ist es heu­te schwer vor­stell­bar, dass einst durch ganz Ber­lin Stra­ßen­bah­nen fuh­ren. Die­se wur­den lei­der in den sech­zi­ger Jah­ren zu Guns­ten der Bus­se in West­ber­lin abge­schafft. 
Aber Iro­nie der Geschich­te, die Stra­ßen­bahn soll bald wie­der im West­teil von Ber­lin fah­ren. 
Die Grö­ße die­se Wohn­an­la­ge mit dem ehe­ma­li­gen Stra­ßen­bahn-Betriebs­hof beein­druckt. Die­ser Bau beweist mal wie­der, wenn man in Ber­lin „hin­ter die Kulis­sen“ schaut, gibt es viel Inter­es­san­tes zu ent­de­cken. 
Noch ein­mal zu den bei­den Skulp­tu­ren an der Kreu­zung Köni­gin-Eli­sa­beth-Stra­ße und Kno­bels­dorff­stra­ße. Die­se wur­den 1928 von dem öster­rei­chi­schen Künst­ler Josef Tho­rax geschaf­fen. Sie tra­gen den Titel „Arbeit und Heim“. Der Mann ist die Arbeit und die Frau mit dem Kind steht für das Heim. Dass ein­zi­ge was sich mir bei ihren Anblick nicht erschließt ist, war­um alle drei Figu­ren nackt sind.  Ein Schelm wer Böses dabei denkt. Aber man wird doch wohl noch mal fra­gen dür­fen. Oder ?

 

Info­kas­ten:
Ehe­ma­li­ger Betriebs­hof Char­lot­ten­burg
Köni­gin-Eli­sa­beth-Stra­ße  9 — 31
14059 Ber­lin

Anfahrt:
U- Bahn U2 
Sta­ti­on : Kai­ser­damm (noch nicht bar­rie­re­frei)

Bus Linie 139 
Sta­ti­on  U- Bahn­hof Kaiserdamm

Fuß­weg ca. 150 Meter die Köni­gin — Eli­sa­beth — Stra­ße hinein.

Gut beroll­bar

erschie­nen in der BBZ — Der Ber­li­ner Behin­der­ten­zei­tung 02/2019

So schön ist Berlin

auf­ge­nom­men 2016 — 2018