Der Ber­lin Fla­neur: Ber­lin wird 100 Jah­re alt – Hap­py­Bir­th­day Berlin!

Vie­le von Ihnen wer­den bei unse­rer Über­schrift die Stirn run­zeln und sagen: „Dit kann nisch stim­men. Ber­lin ist doch viel älter.“ Und die ganz Klu­gen wer­den nach­rech­nen und sagen: „Ja offi­zi­ell 783 Jah­re.“ Stimmt, Alt-Ber­lin ist so alt.
Aber das Ber­lin, so wie wir es ken­nen, wird tat­säch­lich erst 100 Jah­re alt, näm­lich am 1. Okto­ber 2020.
Des­halb fla­nie­re ich dies­mal nicht durch Ber­lin. Ich möch­te der Stadt die wir Ber­li­ner so lie­ben und über die wir so jer­ne meckern zum Geburts­tag gra­tu­lie­ren.
Rei­sen wir 100 Jah­re zurück – zum 1. Okto­ber 1920. 
An die­sem Frei­tag war Ber­lin, von einer Sekun­de auf die Ande­re, plötz­lich die dritt­größ­te Stadt der Welt. Hat­te Ber­lin am 30. Sep­tem­ber 1920 noch rund 1,9 Mil­lio­nen Ein­woh­ner, waren es Punkt 0 Uhr am 1. Okto­ber 1920 plötz­lich rund 3,9 Mil­lio­nen Ein­woh­ner und die Stadt­flä­che stieg um das Drei­zehn­fa­che. Sie betrug plötz­lich ca. 878 km².
In „Groß-Ber­lin“, wie es in dem „Gesetz über die Bil­dung einer neu­en Stadt­ge­mein­de Ber­lin“ vom 27. April 1920 genannt wur­de, gin­gen 6 kreis­freie Städ­te, 59 Land­ge­mein­den und 27 Guts­be­zir­ke auf. Das erklärt auch die Fra­ge, die mir so oft gestellt wird, war­um Ber­lin so vie­le gro­ße Rat­häu­ser hat (Lich­ten­berg, Köpe­nick, Char­lot­ten­burg, Span­dau usw.). Denn das waren die „alten Ver­wal­tungs­zen­tra­len“ der ehe­ma­li­gen Städ­te.
Es gab viel Grün­de war­um Ber­lin „groß“ wur­de, unter ande­rem wirt­schaft­li­che und ver­wal­tungs­tech­ni­sche.
Und wie heu­te auch in Ber­lin üblich, brauch­te es eine Wei­le, bis aus einer Idee eine Tat­sa­che wur­de. Die ers­te Visi­on eines „Groß-Ber­lin“ kam Mit­te des 19. Jahr­hun­derts auf. 
Übrings der Name „Groß-Ber­lin“ setz­te sich nie in der Bevöl­ke­rung durch. Für sie galt: „Ber­lin bleibt Ber­lin, ejal ob groß oder kleen.“
Was die­ses gro­ße Ber­lin in sei­nen Ers­ten 100 Jah­ren erlebt hat, ist nicht von schlech­ten Eltern. Es wuchs rasant (1942 gab an die 4,2 Mil­lio­nen Men­schen in der Stadt), dann kam die Welt­wirt­schafts­kri­se, die nicht nur die Stadt arg beu­tel­te. Ihr folg­ten die „Brau­nen Macht­ha­ber“, die fast die Toten­grä­ber Ber­lins wur­den. Denn sie und ihre ver­bre­che­ri­sche grö­ßen­wahn­sin­ni­ge Poli­tik, hat­ten zur Fol­ge, das Ber­lin im Mai 1945, als der 2. Welt­krieg zu Ende war, in Schutt und Asche lag. Von „Ger­ma­nia“ wol­len wir erst gar nicht reden.
Dank der vie­len Trüm­mer­frau­en ent­stand die Stadt neu. Doch die Poli­tik hat­te Ber­lin fest im Griff. Zwei Ideo­lo­gien, die Sozia­lis­ti­sche und die Kapi­ta­lis­ti­sche, regier­ten nun in der Stadt, was 1961 zu einer 28 Jah­re wäh­ren­den Tei­lung durch eine Mau­er führ­te. Bis zum 9. Novem­ber 1989. Dem Tag an dem der men­schen­ver­ach­ten­de soge­nann­te „Anti­fa­schis­ti­sche Schutz­wall“ (DDR-Staats Ter­mi­no­lo­gie) fiel. Ber­lin wur­de wie­der eine unge­teil­te Stadt – eine Haupt­stadt mit „Herz und Schnau­ze“.
Heu­te leben rund 3,7 Mil­lio­nen Ber­li­ner und Ber­li­ne­rin­nen in der Stadt (Stand 31.12.2019). Und Ber­lin ist eine ech­te Welt­stadt, denn Men­schen aus gut 190 Län­dern leben in ihr. Das zeigt, wie beliebt Ber­lin welt­weit ist. 
Auch wenn man heu­te manch­mal den Ein­druck hat, Ber­lin sei eine schlech­te Stadt, wie es uns die Berufs­me­cke­rer jed­we­der Cou­leur heu­te ger­ne weis­ma­chen möch­ten. 
Klar ist Ber­lin nicht per­fekt, es wäre ja schlimm, wenn eine sol­che rie­si­ge Stadt kei­ne Pro­ble­me hät­te. Denn an die­sen Pro­ble­men wächst Ber­lin auf sei­ne ganz eige­ne Art und Wei­se. 
Na ja und wenn wir Ber­li­ner nicht über die­se unse­re Stadt lie­be­voll meckern kön­nen, dann stimmt was nicht. Das ist unse­re Art zu sagen: „Ber­lin, ick lie­be dir!“
Ich, als Ber­lin Fla­neur, schrei­be nun schon an die 15 Jah­re über Ber­lin. Trotz die­ser Zeit über­rascht sie mich immer wie­der. Ich fin­de stän­dig noch Unbe­kann­tes, Neu­es oder Altes in ihr. Die­se Stadt, unser Ber­lin ist ein­ma­lig. 
Ich bin viel in der „Welt­ge­schich­te“ her­um­ge­reist, aber ich hat­te „immer einen Kof­fer in Ber­lin“ und nicht nur „Heim­weh nach dem Kur­fürs­ten­damm“ son­dern ooch nach der „Ber­li­na Luft“
Und des­halb sage ich, mal ganz inter­na­tio­nal, wie es in Ber­lin üblich ist:

HAPPY BIRTHDAY, BERLIN! ALLET JUTE ZUM 100 GEBURTSTAG.

erschie­nen in der BBZBERLINER BEHINDERTEN ZEITUNG 09/2020

Dit iss Ber­lin: Die Clas­sic Days auf dem Kur­fürs­ten­damm 2019 (2)

Am 18. + 19. Mai 2019 fan­den auf dem Kur­fürs­ten­damm die “Clas­sic Days Ber­lin 2019” statt. 
Über 2000 Old­ti­mer gab es zuse­hen. 
Hier eine klei­ne Aus­wahl von Autos die noch Cha­rak­ter hat­ten. Bei eini­gen die­ser Wagen, fragt man sich, wie man mit den wohl ein­par­ken soll.

Der Ber­lin Fla­neur: Spät­abends auf dem Kurfürstendamm

Blick über den abend­li­chen Breit­scheid­platz — links Kur­fürs­ten­damm, Mit­te Gedächt­nis­kir­che, Rechts Biki­ni­haus — auf­ge­nom­men 18. April 2018

Letz­tens war ich von einem Freund zum Essen ins „Mar­jell­chen“ in der Momm­sen­stra­ße ein­ge­la­den wor­den. Nach­dem wir dort ein mehr als reich­li­ches Menü genos­sen hat­ten, war es spät am Abend. Damit das Essen „rut­schen“ konn­te, beschlos­sen wir, zu Fuß in Rich­tung Bahn­hof Zoo und dem Breit­scheid­platz zu laufen.
Wir gin­gen die Schlü­ter­stra­ße hin­un­ter zum Kurfürstendamm.
Ich gebe es zu, der Ku´damm, war in den letz­ten Jah­ren nicht so mein Ding. Er hat­te sei­nen Flair ver­lo­ren, wirk­te her­un­ter­ge­kom­men und es gab ande­re Stra­ßen in Ber­lin, die ich inter­es­san­ter fand.
Doch an die­sem Abend wur­de ich über­rascht. Der Kur­fürs­ten­damm hat wie­der das gewis­se Etwas. Auch mein Freund war über­rascht, dass er wie­der funkelte.
Die Schau­fens­ter der Luxus­lä­den strahl­ten in der Dun­kel­heit und ver­führ­ten zum Bum­meln. Die Restau­rants sind wie­der edel und nicht immer billig.
Wir gin­gen am Haus Cum­ber­land vor­bei, das einst ein Ver­wal­tungs­ge­bäu­de war, dann ein Film­schau­platz, unter ande­rem für einen „Jason Bourne Film“, und heu­te ist es ein Geschäfts­haus mit Luxusapartments.
Unser Weg führ­te uns wei­ter an einer Ber­li­ner Thea­ter-Insti­tu­ti­on vor­bei, die in die­ser Form Geschich­te ist – das „Thea­ter und die Komö­die am Kurfürstendamm“.
Sie wer­den abge­ris­sen und in 2 oder 3 Jah­ren soll hier ein neu­es Thea­ter ste­hen. Ob die­ses neue Thea­ter dann dem Charme das „Alten“ hat, bleibt abzu­war­ten. Ein Stück wei­ter, an der Ecke Uhland­stra­ße und Kur­fürs­ten­damm, ist eines der bekann­tes­ten Kinos der Stadt, das von der York-Grup­pe betrie­be­ne „Cine­ma Paris“. Die­ses Kino, das seit 1950 hier behei­ma­tet ist, ist eines der letz­ten Kinos am Kur­fürs­ten­damm und die­ses Gebäu­de war 1983 Ziel eines Ter­ror­an­schlags, beim dem ein Mensch getö­tet wor­den war und 23 Per­so­nen ver­letzt wurden.
Kinos gab es einst am Ku´damm wie Sand am Meer. Doch die meis­ten die­ser Film­pa­läs­te wur­den in den letz­ten 25 Jah­ren geschlos­sen und in Geschäf­te umge­wan­delt. Wie das Kino „Film­büh­ne Wien“, in dem sich heu­te der Flag­ship­s­to­re von Apple befin­det. Ich ken­ne es noch aus der Zeit nach dem Mau­er­fall, als es ein „Schach­tel­ki­no“ war. Davor, in den 50-ziger Jah­ren, ist eines der wich­tigs­ten Kinos von Ber­lin gewe­sen, denn es gehör­te zu den Licht­spiel­häu­sern, in denen die „Ber­li­na­le“ gebo­ren wur­de. Und ein Onkel erzählt noch heu­te davon, wie wild es dort zuging, als dort die gro­ßen Film­stars auf­tauch­ten, wenn sie ihren Film vorstellten.
Auch ein ande­res Kino am Kur­fürs­ten­damm, dass wich­tig für die Geschich­te des deut­schen Films war, ist ein Shop. Dort wo heu­te „Benet­ton“ sei­ne Beklei­dung ver­kauft, befand sich der „Glo­ria-Palast“, der 1943 zer­stört wur­de und nach dem Krieg fast an der­sel­ben Stel­le wie­der­auf­ge­baut wur­de. In die­sem Kino wur­de 1930 „Der blaue Engel“ mit Mar­le­ne Diet­rich urauf­ge­führt und noch ein Stück zum Breit­scheid­platz hin, auf der ande­ren Stra­ßen­sei­te gab es den berühm­ten „Mar­mor­pa­last“ in dem ein spa­ni­sches Mode­haus sei­nen Laden hat.
Wenn Sie nun über den Breit­scheid­platz gehen, wer­den Sie sehen wie sich die Gegend ver­än­dert hat. Altes, wie das „Schim­mel­p­fen­nig-Haus“, wur­de abge­ris­sen und durch Neu­es ersetzt. Mal ist es gelun­gen, mal nicht.
Und wenn Sie dann auf dem Breit­scheid­platz ste­hen und in Rich­tung Bahn­hof Zoo bli­cken, dann mer­ken sie wie schön die alte City (West) gewor­den ist.
Hier strah­len dann nicht nur der „Zoo-Palast“ und das „Biki­ni-Haus“, son­dern auch die bei­den Ber­li­ner „Mini-Wol­ken­krat­zer“, das „Uper-West“ und das „Zoo­fens­ter“, um die Wet­te. Bei die­sem Anblick stellt sich dann wie­der das alte Gefühl ein, dass der Kur­fürs­ten­damm das Herz der „City – West“ ist.
Wie einst als es hier noch jede Men­ge Kinos gab.

Info­kas­ten:

Start­punkt des Spa­zier­gangs ist der der Geor­ge-Grosz Platz an der Ecke Kur­fürs­ten­damm und Schlü­ter­stra­ße. Dann immer gera­de aus bis zum Breit­scheid­platz. Sie kön­nen die­sen Spa­zier­gang auch in umge­kehr­ter Rich­tung machen bis zum Oliv­aer Platz.

Län­ge der Stre­cke ca. 1,5 km

Anfahrt:

Oliv­aer Platz

Bus:
M19, M29, X10, 109, 110, 249, N10

zurück Rich­tung Breit­scheid­platz laufen.

erschie­nen in der BBZ — Ber­li­ner Behin­der­ten­zei­tung 07/08 2018

Der Ber­lin Fla­neur: Ein Idyll mit­ten in Wil­mers­dorf — Der Rüdes­hei­mer Platz — Audio

Sieg­fried­brun­nen auf dem Rüdes­hei­mer Platz

Der Ber­lin Fla­neur” im Radio. 

Fol­ge: Ein Idyll mit­ten in Wil­mers­dorf — Der Rüdes­hei­mer Platz

Erst­sen­dung: 14. Sep­tem­ber 2018 — Ohr­funk

Ver­lin­kung mit ohrfunk.de Kom­pakt

Rüdes­hei­mer Platz in Ber­lin Wil­mers­dorf — Siegfriedbrunnen

auf­ge­nom­men im Som­mer 2018

Der Ber­lin Fla­neur: Ein Idyll mit­ten in Wil­mers­dorf — Der Rüdes­hei­mer Platz

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Rüdes­hei­mer Platz, Blick auf den Siegfriedbrunnen

An den Ort, zu dem ich Sie heu­te ent­füh­ren möch­te, gibt es nichts Spek­ta­ku­lä­res zu ent­de­cken. Aber er hat es bis in die „New York Times“ geschafft. Denn er gehört, laut die­ser Zei­tung, zu den 12 schöns­ten Orten in Europa.
Die­se Behaup­tung mach­te mich neugierig.
An einem schö­nen Som­mer­tag fuhr ich hin – zum „Rüdes­hei­mer Platz“ nach Wilmersdorf.
Alten „West­ber­li­nern“ ist die­ser Platz nicht unbe­kannt. Seit 1967 gibt es hier, auf einer Ter­ras­se am west­li­chen Ein­gang des Plat­zes, der eigent­lich auch als klei­ner Park durch­ge­hen könn­te, den „Rhein­gau­er Wein­brun­nen“. Direkt hin­ter dem „Sieg­fried­brun­nen“. Die­se Loka­li­tät, die nur in den Som­mer­mo­na­ten geöff­net hat, sieht aus wie ein Bier­gar­ten. Doch hier wird kein Bier aus­ge­schenkt, son­dern unter­schied­lichs­te Wei­ne aus den hes­si­schen „Rhein­gau“.
Kein Wun­der gehört doch der „Rüdes­hei­mer Platz“ zum soge­nann­ten „Rhein­gau­vier­tel“ in Char­lot­ten­burg Wil­mers­dorf und hat mit dem hes­si­schen Land­kreis eine Partnerschaft.
Der Platz ist ein Idyll. Es geht dort gemüt­lich zu. Im Zen­trum des Plat­zes lie­gen gro­ße bun­te lie­be­voll gepfleg­te Blu­men­bee­te. Umge­ben ist der gesam­te Platz von hohen alten Bäu­men, durch deren Blät­ter­werk die gelb­lich-beigchen Fas­sa­den der wun­der­schön sanier­ten Häu­ser blitzen.
Wenn man sich auf dem Rüdes­hei­mer Platz hin­setzt und so in die Run­de blickt, dann hat man das Gefühl, das man in „alten“ West­ber­lin ist. Alles wirkt gut bür­ger­lich. Die Damen mit ihren Hünd­chen sind topp fri­siert und chic ange­zo­gen. In der gesam­ten Umge­bung des Plat­zes gibt es kei­ne der übli­chen Läden von gro­ßen Laden­ket­ten, son­dern haupt­säch­lich pri­vat geführ­te klei­ne Geschäf­te, wo man noch beim Ein­tre­ten freund­lich begrüßt wird.
Ich kann mir auch vor­stel­len, war­um die „New York Times“ 2015 den Platz in ihre Hit­lis­te auf­nahm. Denn wenn sie hier um den Platz lau­fen, der 1905 ange­legt wur­de, und sich die Häu­ser anschau­en, die ab 1910 errich­tet wur­den und dem eng­li­schen Land­haus­stil nach emp­fun­den sind, dann kommt das auf, was die Amis „Ger­man Gemüt­lich­keit“ nen­nen. Alles ist sau­ber, sehr gepflegt, ruhig und auch etwas spie­ßig. Rich­tig hei­me­lig und man stellt sich vor wie es sich hier am Platz wohl leben lässt.
Der Blick­fang des Plat­zes ist der „Sie­gried­brun­nen“. Er wur­de 1911 erbaut. Mit­tel­punkt ist „Sieg­fried“ als Ross­len­ker, ein aus dem Stein gemei­ßel­ter Ado­nis. Flan­kiert wird er auf bei­den Sei­ten von zwei ihm anbli­cken­den Figu­ren. Zur lin­ken von einem Her­ren mit Wein­kranz auf dem Kopf und Voll­bart. Das ist der Vater Rhein. Und zur Rech­ten von einer jun­gen unbe­klei­de­ten Dame, mit einer Scha­le in der Hand. Das soll eine Wein­kö­ni­gin sein, die auch „Mut­ter Mosel“ genannt wird.
Das Wein­mo­tiv setzt sich auch an den Häu­sern fort, die rund um den Platz lie­gen. An vie­len sind Schmuck­frie­se ange­bracht, die Wein­re­ben und Wein­blät­ter zei­gen. Die fin­det man auch im U‑Bahnhof Rüdes­hei­mer Platz. Dass ein­zig was nicht in die­sem sehr hüb­schen Bahn­hof passt, in die Graf­fi­ti­kunst, an den Flä­chen wo sonst Wer­be­pla­ka­te hängen.
Wenn sie rund um den Rüdes­hei­mer Platz und durch die angren­zen­den Sei­ten­stra­ßen fla­nie­ren, dann kön­nen Sie mit ihren Spa­zier­gang nichts falsch machen.
Mein Tipp: Am bes­ten machen sie die­sen Spa­zier­gang am Nach­mit­tag. Denn vie­le Restau­rants oder auch der Wein­gar­ten machen erst ab 15 Uhr auf.
Na und wenn Sie wie ich dann, geschützt unter dem Blät­ter­werk der hohen alten Bäu­me im „Rhein­gau­er Wein­gar­ten“ ihren Schop­pen trin­ken, dann ver­ges­sen Sie die Zeit. Und das schlim­me dabei ist, es bleibt nicht nur bei einem Schop­pen. Bei mir waren es am Ende vier Gläs­chen und ich ging mit einer leicht wein­se­li­gen fro­hen Stim­mung nach Hause.

Info­kas­ten:

Rüdes­hei­mer Platz

Rüdes­hei­mer Platz, 14197 Berlin
Anfahrt:

U‑Bahn U3

Hal­te­stel­le: U‑Bahnhof Rüdes­hei­mer Platz
Bus Linie 186

Hal­te­stel­le U‑Bahnhof Rüdes­hei­mer Platz
Rhein­gau­er Weinbrunnen

Rüdes­hei­mer Platz 1

14197 Ber­lin
Öff­nungs­zei­ten:

Mai-Sep­tem­ber, täg­lich 15:00–21:30 Uhr

Der Ber­lin Fla­neur: Von nack­ten Skulp­tu­ren und Stra­ßen­bah­nen — Der Wohn­kom­plex mit dem ehe­ma­li­gen BVG — Stra­ßen­bahn­de­pot Charlottenburg

Char­lot­ten­burg, Kno­bels­dorf­fer­stra­ße, Ecke Köni­gin — Eli­sa­beth Stra­ße um 1930
Post­kar­te

Eigent­lich woll­te ich Sie in die­ser Fol­ge auf eine Cur­ry­wurst ein­la­den.
Doch lei­der geht das nicht, denn dass „Cur­ry­wurst-Muse­um“ in der Nähe des „Check­point Char­ly“ hat für immer zuge­macht.
Wie sagt man da so schön. Ein Satz mit X, dass war wohl nix.
Also lan­de­te der fer­ti­ge Arti­kel im Papier­korb und ich muß­te kurz­fris­tig etwas Neu­es fin­den.
Ich über­leg­te und als ich den Arti­kel zum 90. Geburts­tag der BVG am 1. Janu­ar las, hat­te ich den Ersatz gefun­den.
Ich möch­te Sie heu­te zu einem Gebäu­de ent­füh­ren, dass man nun nicht als Sehens­wür­dig­keit ein­stu­fen wür­de, aber es steht in der Ber­li­ner Lan­des­denk­mal­da­ten­bank. Die­ser rie­si­ge Häu­ser­kom­plex steht für einen Teil der Ber­li­ner Ver­kehrs­ge­schich­te. Er befin­det sich im Char­lot­ten­bur­ger Orts­teil West­end in der Köni­gin-Eli­sa­beth-Stra­ße. 
Ich hat­te dort ein Ter­min und woll­te danach mit der U‑Bahn vom Kai­ser­damm zum Breit­scheid­platz fah­ren. So lief ich die Stra­ße in Rich­tung Mes­se­ge­län­de hin­un­ter. An der Kreu­zung Köni­gin-Eli­sa­beth-Stra­ße und Kno­bels­dorff­stra­ße muß­te ich an der Ampel war­ten. Und da stan­den sie. Zwei über­le­bens­gro­ße Skulp­tu­ren, nackt und sehr monu­men­tal. 
Ich blick­te die Kno­bels­dorff­stra­ße hin­un­ter, die zum Olym­pia­sta­di­on führt.  Rechts und links sah ich zwei acht­stö­cki­ge Tor­bau­ten.  An sie schlo­ßen sich zu bei­den Sei­ten der Stra­ße je ein fünf­stö­cki­ger lang­ge­zo­ge­ner Wohn­block an. Ein glat­te Front, nur von vor­ste­hen­den Bal­kons unter­bro­chen, ohne irgend­wel­che archi­tek­to­ni­schen Ver­zie­run­gen. 
Als ich wei­ter zum U‑Bahnhof lief, frag­te ich mich was das für ein Bau war.  Ein Stück wei­ter stand ich vor einer gro­ßen Ein­fahrt über der zwei Wer­be­ta­feln hin­gen, die auf einen Fahr­rad­la­den und einen Super­markt hin­wei­sen. Als ich durch­ging, blick­te ich auf einem rie­si­gen Innen­raum, der teil­wei­se als Park­platz genutzt wur­de und in dem eine gro­ße Hal­le stand. Das beson­de­re an die­sem Innen­hof war, das er von allen vier Sei­ten kom­plett von Wohn­häu­sern umbaut war.
Ich war neu­gie­rig.
Bei einer Tas­se Kaf­fee im Super­markt, goo­gel­te ich und sam­mel­te Infor­ma­tio­nen.
Ich befand mich auf dem ehe­ma­li­gen Stra­ßen­bahn-Betriebs­hof Char­lot­ten­burg, der 1930 eröff­ne­te wur­de. Die umge­bau­te Hal­le mit Super­markt und Fahr­rad­la­den, war einst eine drei­schif­fi­ge Wagen­hal­le, in der auf 29 Glei­sen über 320 Stra­ßen­bahn­wa­gen abge­stellt wer­den konn­ten. 
Die gesam­te Anla­ge hat­te eine Grö­ße von gut 27500 qm, allein das Stra­ßen­bahn­de­pot ist rund 12000 qm groß. Und in den Häu­sern drum­her­um gab es damals Woh­nun­gen für 400 Fami­li­en von Ange­stell­ten der BVG, die 1929 gegrün­de­ten wor­den war.
Wenn Sie sich alte Fotos anschau­en, stel­len Sie fest, hier muß Tag und Nacht jede Men­ge Betrieb gewe­sen sein. Ich frag­te mich wie laut es damals gewe­sen sein mag, wenn zu jeder Tages­zeit Stra­ßen­bah­nen quiet­schend ein- und aus­fuh­ren.
Für uns ist es heu­te schwer vor­stell­bar, dass einst durch ganz Ber­lin Stra­ßen­bah­nen fuh­ren. Die­se wur­den lei­der in den sech­zi­ger Jah­ren zu Guns­ten der Bus­se in West­ber­lin abge­schafft. 
Aber Iro­nie der Geschich­te, die Stra­ßen­bahn soll bald wie­der im West­teil von Ber­lin fah­ren. 
Die Grö­ße die­se Wohn­an­la­ge mit dem ehe­ma­li­gen Stra­ßen­bahn-Betriebs­hof beein­druckt. Die­ser Bau beweist mal wie­der, wenn man in Ber­lin „hin­ter die Kulis­sen“ schaut, gibt es viel Inter­es­san­tes zu ent­de­cken. 
Noch ein­mal zu den bei­den Skulp­tu­ren an der Kreu­zung Köni­gin-Eli­sa­beth-Stra­ße und Kno­bels­dorff­stra­ße. Die­se wur­den 1928 von dem öster­rei­chi­schen Künst­ler Josef Tho­rax geschaf­fen. Sie tra­gen den Titel „Arbeit und Heim“. Der Mann ist die Arbeit und die Frau mit dem Kind steht für das Heim. Dass ein­zi­ge was sich mir bei ihren Anblick nicht erschließt ist, war­um alle drei Figu­ren nackt sind.  Ein Schelm wer Böses dabei denkt. Aber man wird doch wohl noch mal fra­gen dür­fen. Oder ?

 

Info­kas­ten:
Ehe­ma­li­ger Betriebs­hof Char­lot­ten­burg
Köni­gin-Eli­sa­beth-Stra­ße  9 — 31
14059 Ber­lin

Anfahrt:
U- Bahn U2 
Sta­ti­on : Kai­ser­damm (noch nicht bar­rie­re­frei)

Bus Linie 139 
Sta­ti­on  U- Bahn­hof Kaiserdamm

Fuß­weg ca. 150 Meter die Köni­gin — Eli­sa­beth — Stra­ße hinein.

Gut beroll­bar

erschie­nen in der BBZ — Der Ber­li­ner Behin­der­ten­zei­tung 02/2019

Der Ber­lin Fla­neur: Es begann mit dem „Knall­funk“ — Auf den Spu­ren von „Tele­fun­ken“ in Berlin

Tele­fun­ken Pro­duk­ti­ons­stät­te am U- Bahn­hof Oslo­er Stra­ße heu­te von der GSD genutzt
auf­ge­nom­men 14. April 2019

Als ich für die Fol­gen zu den Ber­li­ner Erfin­dun­gen recher­chier­te, stieß ich auf unser heu­ti­ges Thema. 

Ohne die Ber­li­ner Fir­ma, um die es heu­te geht, wür­den sie mich jetzt nicht hören und wir wür­den auch kei­ne Flim­mer­kis­te im unse­rem Wohn­zim­mer haben. Die Fir­ma stand einst für gute Pro­duk­te in der Unter­hal­tungs­elek­tro­nik und war vie­le Jahr­zehn­te lang das Unter­neh­men für Sen­de­an­la­ge von Radio- und Fernsehsendern. 

Außer­dem war ihr eins­ti­ge Fir­men­sitz am Ernst Reu­ter Platz eines der bekann­tes­ten Moti­ve auf Ansichts­kar­ten aus West­ber­lin. 
Gegrün­det wur­de „Tele­fun­ken“ 1903 auf Anwei­sung des Deut­schen Kai­sers Wil­helm II.
Bis 1996 exis­tier­te die Urfir­ma, die nach dem 2. Welt­krieg zum AEG Kon­zern gehör­te und vor dem 2. Welt­krieg war auch Sie­mens an ihr betei­ligt.
Heu­te gibt es wie­der eine Fir­ma mit namens „Tele­fun­ken“, die den Mythos, der alten fort­set­zen will und hoch­wer­ti­ge Unter­hal­tungs­elek­tro­nik aus Deutsch­land in Asi­en und in der Tür­kei pro­du­zie­ren lässt.
Die Geschich­te die­ser Fir­ma ist sehr kom­pli­ziert und kom­plex, des­halb las­se ich sie mal außen vor, da die Zeit nicht reicht. 
Noch ein­mal kurz in das Jahr 1903 zurück. Damals gab es schon die ers­te draht­lo­sen Über­tra­gun­gen von Nach­rich­ten. Den „Knall­funk“. 
Die­se tech­ni­sche Neue­rung fas­zi­nier­te den Kai­ser und er woll­te sie für sein Mili­tär nut­zen. Doch die bei­den Ent­wick­ler die­ses „Knall­funks“, die Fir­men der Her­ren Sie­mens und Rathe­now, AEG, waren sich nicht grün und sie strit­ten sich wie die Kes­sel­fli­cker, als es zu einer Fir­men­grün­dung kom­men soll­te. Das miss­fiel dem Pickel­hau­ben­kai­ser und er zwang die bei­den Unter­neh­men sich zu eini­gen. So ent­stand „Tele­fun­ken“. 
Im Lau­fe der nächs­ten Jahr­zehn­te mau­ser­te sich „Tele­fun­ken“ zu einer Welt­fir­ma. Und ihr Haupt­sitz war immer Ber­lin. Selbst nach dem Mau­er­bau. Auch die wich­tigs­ten Pro­duk­te der Fir­ma wur­den hier in der Stadt gebaut, die welt­be­rühm­ten Sen­de­an­la­gen und Sen­der für den Rund­funk, das Fern­se­hen und der Nach­rich­ten­kom­mu­ni­ka­ti­on.
Die­se Pro­duk­ti­ons­stät­ten kann man heu­te noch in Ber­lin fin­den. Das bekann­tes­te „Tele­fun­ken“- Gebäu­de Ber­lins steht wie gesagt am Ernst Reu­ter Platz. Es ist das Tele­fun­ken-Hoch­haus. Hier war von 1960 bis 1967 der Haupt­fir­men­sitz.
Heu­te gehört das Haus zur TU Ber­lin.
Und da habe ich gleich mal einen Tipp für sie. Wenn sie Hun­ger haben und dazu noch einen tol­len Blick über Ber­lin haben wol­len, dann fah­ren sie ganz nach Oben in die 21. Eta­ge. Dort befin­det sich die Men­sa der TU, die Cafe­te­ria „Sky“. Die ist für alle offen und man kann hier lecker Mit­tag­essen oder Früh­stü­cken und das zu klei­nen Prei­sen.
In Ame­ri­ka ist ein ganz ande­res Tele­fun­ken-Gebäu­de bekannt oder bes­ser gesagt Gebäu­de-Kom­plex. Ob die Amis aber wis­sen, dass dies einst der Fir­ma Tele­fun­ken gehör­te, dürf­te bezwei­felt wer­den. 
In Ame­ri­ka sind die ehe­ma­li­gen Tele­fun­ken Wer­ke, in Lich­ter­fel­de in der Goerz­al­lee als Haupt­quar­tier und Kaser­ne der US-Army bekannt. Unter dem Namen „McN­air Baracks“. Von 1938 bis 1945 befand sich hier der Fir­men­sitz und das Stamm­werk der Tele­fun­ken AG. Heu­te gibt es hier jede Men­ge Eigen­tums­woh­nun­gen. 
Davor befand sich der Fir­men­sitz am Hal­le­schen Ufer. Unge­fähr dort wo heu­te das HAU steht, das Heb­bel am Ufer. In ihm war auch die größ­te Schall­plat­ten­fir­ma des 3. Rei­ches unter­ge­bracht, die TELDEC, die zu Tele­fun­ken gehör­te. Die­sen Bau gibt es nicht mehr, denn im April 1945 brann­te das „Tele­fun­ken-Haus“ nach einem Bom­ben­an­griff aus und wur­de nicht mehr auf­ge­baut.
Dafür kön­nen sie ande­re Gebäu­de in Ber­lin fin­den die einst „Tele­fun­ken“ gehör­ten. Zum Bei­spiel am direkt am U‑Bahnhof Meh­ring­damm. Hier im Haus Num­mer 32–34 saß die Fir­men­lei­tung von 1948 bis 1952. Danach zog sie in die Sickin­gen­stra­ße nach Moa­bit, in das ehe­ma­li­ge Glüh­lam­pen­werk der OSRAM AG, die wie Tele­fun­ken eben­falls zur AEG gehör­ten. In die­sem denk­mal­ge­schütz­ten Haus befin­det sich heu­te der Job Cen­ter von Ber­lin Mit­te.
Hier in der Sickin­gen­stra­ße war der Fir­men­sitz von 1952 bis 1960.
Einen and­ren „Tele­fun­ken“- Bau fin­den sie am U‑Bahnhof Oslo­er Stra­ße. Hier blickt man auf ein rotes Back­stein­haus. Es gehört heu­te einer Immo­bi­li­en­fir­ma die dort Büros und Geschäfts­räu­me ver­mie­te. GSG steht in drei gro­ßen Buch­sta­ben an dem Gebäu­de und das war einst eine wei­te­re Pro­duk­ti­ons­stät­te der Fir­ma „Tele­fun­ken“.
Die Spu­ren die „Tele­fun­ken“ in Ber­lin hin­ter­las­sen hat, sind viel­fäl­tig und je mehr ich such­te, um so mehr fand ich. So auch das die Fir­ma einst 20000 Paten­te beses­sen hat­te. Sie ent­wi­ckel­te die ers­te Fern­seh­ka­me­ra, ein Rie­sen­ding, die erst­mal 1936 bei Olym­pia ein­ge­setzt wur­de und noch inter­es­san­ter war, dass 1939 „Tele­fun­ken“ kurz davor stand den ers­ten Fern­se­her für Jeder­mann zu pro­du­zie­ren. Doch dann brach der 2. Welt­krieg aus und die Pro­duk­ti­on lief nie an.
Also wenn Sie mal eine rich­tig gro­ße Tour durch Ber­lin machen wol­len, dann bege­ben sie sich ein­fach auf die Spu­ren von „Tele­fun­ken“, da ler­nen sie die Stadt Ber­lin mal von einer ande­ren Sei­te kennen.