Der Ber­lin Fla­neur: Die Brü­cke der Spio­ne – Die Glie­ni­cker Brücke 

Blick von der Pots­da­mer Sei­te Rich­tung Glienicke

Der heu­ti­ge Spa­zier­gang ist rela­tiv kurz. Wenn wir ein­mal hin und wie­der zurück­ge­hen, haben wir genau 256 Meter zurück­ge­legt.
Davon ist die eine Hälf­te in Ber­lin und die ande­re in Pots­dam behei­ma­tet. Wir gehen heu­te “fremd” und „wil­dern“ etwas außer­halb von Ber­lin. Obwohl das auch nicht so ganz stimmt, denn unser Weg führt uns von Ber­lin Glie­ni­cke in die “Ber­li­ner Vor­stadt” einem vor­neh­men Stadt­teil von Pots­dam, direkt an der Havel gele­gen.
Dazwi­schen steht eines der bekann­tes­ten Bau­wer­ke des “Kal­ten Krie­ges”. 
“Die Brü­cke der Spio­ne”, auch als Glie­ni­cker Brü­cke bekannt.
1986 fand auf ihr, vor den Augen der Welt­pres­se, einer der spek­ta­ku­lärs­ten Agen­ten­aus­tau­sche statt.
Es war eisig kalt, die Son­ne glit­zer­te auf dem wei­ßen Schnee am Ufer. Der Schnee auf der Stra­ße war schon mat­schig, von den vie­len Jour­na­lis­ten, die nach der Posi­ti­on für die bes­ten Bil­der such­ten.
Ande­re Medi­en­ver­tre­ter stan­den mit Kame­ras auf ihren Über­tra­gungs­wa­gen oder schick­ten per Satel­li­ten­te­le­fon Live-Berich­te in alle Welt. Klam­me Fin­ger häm­mer­ten auf Schreib­ma­schi­nen ein, um ja jeden Augen­blick die­ses ein­ma­li­gen Ereig­nis­ses fest­zu­hal­ten. 
Auf der Brü­cke fuhr der gol­de­ne Mer­ce­des des DDR Unter­händ­lers Wolf­gang Vogel vor. Bis zur Mit­te der Brü­cke. Dort befand sich ein wei­ßer Strich, der die Gren­ze zwi­schen den bei­den deut­schen Staa­ten mar­kier­te.
Dem Wagen ent­stieg ein klei­ner Mann mit gro­ßen „Tschap­ka“, einem unmo­di­schen Man­tel und irgend­wie schie­nen dem Mann sei­ne Hosen zu groß zu sein. Die­ser Herr war der rus­si­sche Men­schen­recht­ler Ana­to­lij Schts­cha­r­an­ski. Er wur­de gegen Agen­ten oder wie es in den öst­li­chen Medi­en hieß, gegen „Kund­schaf­ter“ aus­ge­tauscht.
Heu­te, über 31 Jah­re nach dem Mau­er­fall, sieht man nichts mehr von den Sicher­heits­maß­nah­men und Sper­ren auf der Brü­cke. Weder auf der öst­li­chen noch auf west­li­chen Sei­te. Nur ein paar Erin­ne­rungs­ta­feln mah­nen an die Geschich­te und ein schma­ler Metall­strei­fen auf dem Bür­ger­steig der Brü­cke zeigt an, wo einst die Gren­ze ver­lief.
Dabei gibt es die Glie­ni­cker Brü­cke schon lan­ge.
Über 300 Jah­re ist es nun her, das hier am Ende des 17. Jahr­hun­derts die ers­te Brü­cke erbaut wur­de. Die­se schma­le Steg­brü­cke war 100 Jah­re lang nur dem Adel vor­be­hal­ten, damit er schnell von sei­nen Schlös­sern in Pots­dam in die Jagd­ge­bie­te des “Grü­nen Wal­des”, sprich Gru­ne­wald kam.
Dann wur­de die „Ber­lin-Pots­da­mer Chaus­see“ als preu­ßi­sche Vor­zei­ge- und Mus­ter­stra­ße aus­ge­baut und die Brü­cke bekam ein Kon­troll­häus­chen. Dort muss­te jeder Rei­sen­de eine Art „Maut“ bezah­len für die Über­que­rung der Brü­cke und die Nut­zung der Stra­ßen.
Anfang des 18. Jahr­hun­derts errich­te­te das Ber­li­ner „Bau­ge­nie“ Fried­rich von Schin­kel eine Stein­brü­cke neben der noch nicht so ganz alten Holz­brü­cke. Es gab ein­fach zu viel Ver­kehr zwi­schen Pots­dam und dem sich unwei­ger­lich aus­brei­ten­den Ber­lin.
Die “Schin­kel­brü­cke” war nach 100 Jah­ren wie­der zu klein und so wur­de sie durch die heu­te noch exis­tie­ren­de “Eisen­fach­werk­brü­cke” ersetzt.
Heu­te bie­tet die Brü­cke dem Pas­san­ten einen wun­der­schö­nen Aus­blick auf die “Pots­da­mer Kul­tur­land­schaft” und dem “Park Babels­berg” der an den Gesta­den der “Glie­ni­cker Lake” liegt. Unse­ren Blick streift wei­ter über den “Tie­fen See” Rich­tung Pots­dam. Von der ande­ren Sei­te kom­men Aus­flugs­damp­fer, Motor­jach­ten und vie­le Sport­boo­te von der Havel und dem angren­zen­den “Jung­fern­see” durch die Brü­cke geschip­pert. Wenn wir dann wie­der unse­ren Blick erhe­ben, um bei schö­nem Wet­ter, das ande­re Ufer zu erken­nen, kön­nen wir rela­tiv klein die Anla­ge des “Schloss Sacrow” erken­nen. 
Des­halb mein Tipp, wenn sie unter­wegs sind: 
Neh­men Sie sich ein Fern­glas mit, dann gibt es noch viel mehr zu ent­de­cken an den Ufern rund um die “Glie­ni­cker Brü­cke”.
Lei­der gab es an dem Wochen­en­de, an dem ich dort war, alles ande­re als schö­nes Wet­ter.
Petrus hat­te schlech­te Lau­ne und öff­ne­te sei­nen Was­ser­pfor­ten.  Auch wenn ich bis auf die Haut nass war, blieb ich eine Zeit lang auf der Brü­cke ste­hen. Genau dort wo einst die Gren­ze zwi­schen Ost und West ver­lief. Vom grau­en unru­hi­gen Was­ser glitt mein Blick auf den vom Regen ver­han­ge­nen Hori­zont. Trotz des schlech­ten Wet­ters fas­zi­nier­te mich der Anblick, der im Regen­dunst ver­schwin­den Land­schaft.
In die­sem Moment ärger­te ich mich auch noch nicht, das ich den Regen­schirm ver­ges­sen hat­te. Das kam spä­ter, als der Schnup­fen kam.
Also hören Sie auf jedem Fall den Wet­ter­be­richt, bevor Sie sich auf den Weg zur “Glie­ni­cker Brü­cke” machen. Dann kön­nen sie einen Aus­blick genie­ßen auf eines der schöns­ten Pan­ora­men von Ber­lin und Pots­dam. Und das völ­lig umsonst.

Arti­kel erschien Novem­ber 2014 in der BBZ — Der Ber­li­ner Behin­der­ten Zei­tung — leicht bearbeitet

Der Ber­lin Fla­neur: „Wohn­zim­mer-Spa­zier­gang“ durch Ber­lin – Der Ber­lin Fla­neur in Coro­na-Zei­ten — Links zum Arti­kel in der BBZ

Zur Illus­tra­ti­on:
Herz­li­chen Dank an Ange­lo Favia, der für die­sen Bei­trag die Illus­tra­ti­on geschaf­fen hat. Wenn sie mehr von dem Zeich­ner und Kari­ka­tu­ris­ten sehen möch­ten, dann gehen Sie auf INSTAGRAM.
Hash­tag:  #favia­gram

Die Links:
Hier alle Adres­se der im BBZ — Arti­kel erwähn­ten Internetseiten.

AKON — Ansichts­kar­ten Online 
bei der Öster­rei­chi­schen Natio­nal­bi­blio­thek
ca. 3000 His­to­ri­sche Post­kar­ten von Ber­lin
akon.onb.ac.at

Kut­te kennt sich aus“ auf rias1.de
Sen­de­rei­he von RIAS Ber­lin von 1971 — 1977 / 127 Fol­gen
rias1.de/sound/rias_/kutte/kutte.html

MfS Schu­lungs­film Kame­ra­fahrt mit einem PKW durch West Ber­lin 1976
You­Tube — Kanal: DDR-Archiv / ca. 90 min  
youtu.be/10ZFx7RrnLQ

Der Ber­lin Fla­neur bei Insta­gram:  #der­ber­lin­fla­neur

Arti­kel erscheint im Mai 2020 in der BBZ — Ber­li­ner Behin­der­ten­zei­tung

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Der Ber­lin Fla­neur: Janz anders – Das „Enter­tain­ment – Vier­tel“ am Mer­ce­des Platz

Der Mer­ce­des-Platz mit der “Mer­ce­des-Benz-Are­na” am Abend — auf­ge­nom­men Novem­ber 2019 © by “Der Ber­lin Fla­neur”, 2020

Dies­mal fla­nie­ren wir in einer Gegend, die wir schon ein­mal vor über 10 Jah­ren besucht haben. Sie hat sich im Lau­fe des letz­ten Jahr­zehnts total gewan­delt.
Die gro­ße Mul­ti­funk­ti­ons­hal­le, einst „O2-World“ genannt, trägt heu­te den Namen „Mer­ce­des-Benz Are­na“. Sie schaut noch genau­so aus wie damals, nur etwas moder­ner und mit neu­en Schrift­zug an der Front. Doch anders als damals, ist hier kei­ne unbe­bau­te Ödnis mehr, son­dern das Are­al ist mit moder­nen Häu­sern bebaut wor­den und wird nun „Media­spree-City“ genannt.
Die bes­te Zeit für unse­ren Spa­zier­gang ist der Abend, wenn es dun­kel gewor­den ist. Wir begin­nen ihn am „U‑Bahnhof War­schau­er Stra­ße“. Wenn wir dort in Rich­tung Innen­stadt schau­en, sehen wir immer noch die Are­na. Doch davor steht nun ein moder­nes Ein­kaufs­zen­trum. Die „East Side Mall“. Sie ist ein mar­kan­ter auf­fal­len­der Bau mit den übli­chen Geschäf­ten.
Unser Weg führt uns aber hin­un­ter zur Spree und zur „Ober­baum­brü­cke“.
Wenn das Wet­ter mit­spielt, dann haben Sie von der Brü­cke einen wun­der­schö­nen Blick auf das Zen­trum am Alex­an­der­platz und auf das Spree­ufer und Sie ver­ste­hen, war­um unser klei­ner Abend­spa­zier­gang so reiz­voll ist. Denn in der Dun­kel­heit fun­kelt Ber­lin beson­ders.
Um an unse­rem Ziel, den „Mer­ce­des Platz“ zu kom­men, müs­sen wir wie­der zurück zur viel befah­re­nen „Müh­len­stra­ße“ gehen. An der Ampel bie­gen wir links ab, lau­fen ein Stück und bie­gen hin­ter dem ehe­ma­li­gen „Spei­cher“, der heu­te „Pira­tes Ber­lin“ heißt, wie­der links ab. Wir befin­den uns nun auf der Rück­sei­te der „East Side Gale­rie“. Hier fla­nie­ren wir am Was­ser ent­lang, bis zu einer brei­ten Ter­ras­se. Wenn sie dort ent­lang­lau­fen, dre­hen sie sich mal um. Dann kön­nen sie die beleuch­te­te „Ober­baum­brü­cke“ sehen, die am Abend noch ele­gan­ter wirkt.
Von der Ter­ras­se gehen wir wie­der „nach oben“ zur „Müh­len­stra­ße“.
Nur noch ein­mal die Stra­ße über­que­ren und wir haben das Ziel erreicht – das Are­al des „Mer­ce­des Platz“. Sie befin­den sich nun in einem der ange­sag­tes­ten „Enter­tain­ment-Vier­tel“ von Ber­lin.
Hier gibt es, neben der Are­na, auch noch ein gro­ßes Kino und die, zum Ver­gleich zur Are­na, „klei­ne“ „Ver­ti Music Hall“. Zwi­schen die­sen drei Haupt­ge­bäu­den befin­den sich ein Was­ser­spiel mit Fon­tä­nen. Die­se wer­den von moder­nen Mul­ti­me­dia-Steh­len flan­kiert. Auf deren Bild­schir­men sehen Sie diver­se Wer­be­spot und Ankün­di­gun­gen zu Kon­zer­ten oder Sport­events.
Als ich den Was­ser­spie­len zusah erin­ner­te ich mich dar­an, was hier ein­mal war. 
Einst war das Gelän­de ein gro­ßer Güter­bahn­hof. Nach der Wen­de gab es hier, bis zum Bau der Hal­le, bekann­te Clubs und Par­ty­lo­ca­ti­ons. Seit 2008 steht hier die zweit­größ­te Mul­ti­funk­ti­ons­hal­le Deutsch­lands, wel­che die Heim­spiel­stät­te des Eis­ho­ckey­clubs „Ber­li­ner Eis­bä­ren“ und der Bas­ket­bal­ler von „ALBA Ber­lin“ ist.
Seit­dem wur­de das Gelän­de wei­ter ent­wi­ckelt. Es wur­de zur ein Teil der „Media­spree-City“.
Na ja und wenn man dort ist, stellt sich bei dem Anblick des Plat­zes, auch ein ganz klei­nes, ein win­zig klei­nes „Las-Vegas Gefühl“ ein, wenn man die Beleuch­tung der Gegend auf sich wir­ken lässt. 
Außer­dem soll­ten Sie ihre Geld­bör­se gut fül­len, den Prei­se, der gas­tro­no­mi­schen Ein­rich­tun­gen vor Ort sind nicht gera­de die Bil­ligs­ten.
Und soll­ten Sie nach einem Cock­tail noch Lust zum wei­ter fla­nier­ten ver­spü­ren, dann lau­fen Sie die „Müh­len­stra­ße“ Rich­tung „Ost­bahn­hof“ ent­lang. Auf dem Weg gibt es, beson­ders am Abend, noch die ein oder ande­re opti­sche Über­ra­schung zu sehen, wie zum Bei­spiel das einst umstrit­te­ne Wohn­haus direkt am Spree­ufer, das archi­tek­to­nisch sehr aus­ge­fal­len ist. Und wenn Sie am „Ost­bahn­hof“ ange­kom­men sind, wer­den Sie fest­stel­len, dass er am Abend viel hüb­scher aus­schaut als am Tag. Er hat sozu­sa­gen sein Make-Up aufgelegt.

INFOKASTEN:

Mer­ce­des Platz

Anfahrt:
S + U War­schau­er Stra­ße — Fuß­weg ca. 5 Minu­ten

S‑Bahn:
S3, S5, S7S9

U‑Bahn:
U1, U3

Bus­se:
248, 347, N1 (Nacht­bus)

Trams:
M10, M13

Ost­bahn­hof — Fuß­weg ca. 12 Minuten

S‑Bahn:
S3, S5, S7S9

Bus­se:
140, 142, 147, 240, 248, 347, N40 (Nacht­bus)

Regio­nal- und Fern­ver­kehr:
EC , IC , ICE , Loco­mo­re, IRE, RB14, RE1, RE2RE7 

Nachts

An Wochen­ta­gen fährt die U‑Bahn bis ca. 0:30 Uhr, die letz­te S‑Bahn gegen 1:30 Uhr. Danach sind Nacht­bus­se im Ein­satz. Am Wochen­en­de ver­keh­ren U‑Bahn und S‑Bahn 24h.
Wege sind gut beroll­bar und die meis­ten Ein­rich­tun­gen auch bar­rie­re­frei. Näh­re Infos auf www.mercedes-platz.de