Der Ber­lin Fla­neur: Ber­lin wird 100 Jah­re alt – Hap­py­Bir­th­day Berlin!

Vie­le von Ihnen wer­den bei unse­rer Über­schrift die Stirn run­zeln und sagen: „Dit kann nisch stim­men. Ber­lin ist doch viel älter.“ Und die ganz Klu­gen wer­den nach­rech­nen und sagen: „Ja offi­zi­ell 783 Jah­re.“ Stimmt, Alt-Ber­lin ist so alt.
Aber das Ber­lin, so wie wir es ken­nen, wird tat­säch­lich erst 100 Jah­re alt, näm­lich am 1. Okto­ber 2020.
Des­halb fla­nie­re ich dies­mal nicht durch Ber­lin. Ich möch­te der Stadt die wir Ber­li­ner so lie­ben und über die wir so jer­ne meckern zum Geburts­tag gra­tu­lie­ren.
Rei­sen wir 100 Jah­re zurück – zum 1. Okto­ber 1920. 
An die­sem Frei­tag war Ber­lin, von einer Sekun­de auf die Ande­re, plötz­lich die dritt­größ­te Stadt der Welt. Hat­te Ber­lin am 30. Sep­tem­ber 1920 noch rund 1,9 Mil­lio­nen Ein­woh­ner, waren es Punkt 0 Uhr am 1. Okto­ber 1920 plötz­lich rund 3,9 Mil­lio­nen Ein­woh­ner und die Stadt­flä­che stieg um das Drei­zehn­fa­che. Sie betrug plötz­lich ca. 878 km².
In „Groß-Ber­lin“, wie es in dem „Gesetz über die Bil­dung einer neu­en Stadt­ge­mein­de Ber­lin“ vom 27. April 1920 genannt wur­de, gin­gen 6 kreis­freie Städ­te, 59 Land­ge­mein­den und 27 Guts­be­zir­ke auf. Das erklärt auch die Fra­ge, die mir so oft gestellt wird, war­um Ber­lin so vie­le gro­ße Rat­häu­ser hat (Lich­ten­berg, Köpe­nick, Char­lot­ten­burg, Span­dau usw.). Denn das waren die „alten Ver­wal­tungs­zen­tra­len“ der ehe­ma­li­gen Städ­te.
Es gab viel Grün­de war­um Ber­lin „groß“ wur­de, unter ande­rem wirt­schaft­li­che und ver­wal­tungs­tech­ni­sche.
Und wie heu­te auch in Ber­lin üblich, brauch­te es eine Wei­le, bis aus einer Idee eine Tat­sa­che wur­de. Die ers­te Visi­on eines „Groß-Ber­lin“ kam Mit­te des 19. Jahr­hun­derts auf. 
Übrings der Name „Groß-Ber­lin“ setz­te sich nie in der Bevöl­ke­rung durch. Für sie galt: „Ber­lin bleibt Ber­lin, ejal ob groß oder kleen.“
Was die­ses gro­ße Ber­lin in sei­nen Ers­ten 100 Jah­ren erlebt hat, ist nicht von schlech­ten Eltern. Es wuchs rasant (1942 gab an die 4,2 Mil­lio­nen Men­schen in der Stadt), dann kam die Welt­wirt­schafts­kri­se, die nicht nur die Stadt arg beu­tel­te. Ihr folg­ten die „Brau­nen Macht­ha­ber“, die fast die Toten­grä­ber Ber­lins wur­den. Denn sie und ihre ver­bre­che­ri­sche grö­ßen­wahn­sin­ni­ge Poli­tik, hat­ten zur Fol­ge, das Ber­lin im Mai 1945, als der 2. Welt­krieg zu Ende war, in Schutt und Asche lag. Von „Ger­ma­nia“ wol­len wir erst gar nicht reden.
Dank der vie­len Trüm­mer­frau­en ent­stand die Stadt neu. Doch die Poli­tik hat­te Ber­lin fest im Griff. Zwei Ideo­lo­gien, die Sozia­lis­ti­sche und die Kapi­ta­lis­ti­sche, regier­ten nun in der Stadt, was 1961 zu einer 28 Jah­re wäh­ren­den Tei­lung durch eine Mau­er führ­te. Bis zum 9. Novem­ber 1989. Dem Tag an dem der men­schen­ver­ach­ten­de soge­nann­te „Anti­fa­schis­ti­sche Schutz­wall“ (DDR-Staats Ter­mi­no­lo­gie) fiel. Ber­lin wur­de wie­der eine unge­teil­te Stadt – eine Haupt­stadt mit „Herz und Schnau­ze“.
Heu­te leben rund 3,7 Mil­lio­nen Ber­li­ner und Ber­li­ne­rin­nen in der Stadt (Stand 31.12.2019). Und Ber­lin ist eine ech­te Welt­stadt, denn Men­schen aus gut 190 Län­dern leben in ihr. Das zeigt, wie beliebt Ber­lin welt­weit ist. 
Auch wenn man heu­te manch­mal den Ein­druck hat, Ber­lin sei eine schlech­te Stadt, wie es uns die Berufs­me­cke­rer jed­we­der Cou­leur heu­te ger­ne weis­ma­chen möch­ten. 
Klar ist Ber­lin nicht per­fekt, es wäre ja schlimm, wenn eine sol­che rie­si­ge Stadt kei­ne Pro­ble­me hät­te. Denn an die­sen Pro­ble­men wächst Ber­lin auf sei­ne ganz eige­ne Art und Wei­se. 
Na ja und wenn wir Ber­li­ner nicht über die­se unse­re Stadt lie­be­voll meckern kön­nen, dann stimmt was nicht. Das ist unse­re Art zu sagen: „Ber­lin, ick lie­be dir!“
Ich, als Ber­lin Fla­neur, schrei­be nun schon an die 15 Jah­re über Ber­lin. Trotz die­ser Zeit über­rascht sie mich immer wie­der. Ich fin­de stän­dig noch Unbe­kann­tes, Neu­es oder Altes in ihr. Die­se Stadt, unser Ber­lin ist ein­ma­lig. 
Ich bin viel in der „Welt­ge­schich­te“ her­um­ge­reist, aber ich hat­te „immer einen Kof­fer in Ber­lin“ und nicht nur „Heim­weh nach dem Kur­fürs­ten­damm“ son­dern ooch nach der „Ber­li­na Luft“
Und des­halb sage ich, mal ganz inter­na­tio­nal, wie es in Ber­lin üblich ist:

HAPPY BIRTHDAY, BERLIN! ALLET JUTE ZUM 100 GEBURTSTAG.

erschie­nen in der BBZBERLINER BEHINDERTEN ZEITUNG 09/2020

Dit iss Ber­lin: Die Clas­sic Days auf dem Kur­fürs­ten­damm 2019 (2)

Am 18. + 19. Mai 2019 fan­den auf dem Kur­fürs­ten­damm die “Clas­sic Days Ber­lin 2019” statt. 
Über 2000 Old­ti­mer gab es zuse­hen. 
Hier eine klei­ne Aus­wahl von Autos die noch Cha­rak­ter hat­ten. Bei eini­gen die­ser Wagen, fragt man sich, wie man mit den wohl ein­par­ken soll.

Dit iss Ber­lin: Die Clas­sic Days auf dem Kur­fürs­ten­damm 2019 (1)

Am 18. + 19. Mai 2019 fan­den auf dem Kur­fürs­ten­damm die “Clas­sic Days Ber­lin 2019” statt.
Über 2000 Old­ti­mer gab es zuse­hen.
Hier eine klei­ne Aus­wahl von Autos die noch Cha­rak­ter hat­ten. Bei eini­gen die­ser Wagen, fragt man sich, wie man mit den wohl ein­par­ken soll. 

Der Ber­lin Fla­neur: Spät­abends auf dem Kurfürstendamm

Blick über den abend­li­chen Breit­scheid­platz — links Kur­fürs­ten­damm, Mit­te Gedächt­nis­kir­che, Rechts Biki­ni­haus — auf­ge­nom­men 18. April 2018

Letz­tens war ich von einem Freund zum Essen ins „Mar­jell­chen“ in der Momm­sen­stra­ße ein­ge­la­den wor­den. Nach­dem wir dort ein mehr als reich­li­ches Menü genos­sen hat­ten, war es spät am Abend. Damit das Essen „rut­schen“ konn­te, beschlos­sen wir, zu Fuß in Rich­tung Bahn­hof Zoo und dem Breit­scheid­platz zu laufen.
Wir gin­gen die Schlü­ter­stra­ße hin­un­ter zum Kurfürstendamm.
Ich gebe es zu, der Ku´damm, war in den letz­ten Jah­ren nicht so mein Ding. Er hat­te sei­nen Flair ver­lo­ren, wirk­te her­un­ter­ge­kom­men und es gab ande­re Stra­ßen in Ber­lin, die ich inter­es­san­ter fand.
Doch an die­sem Abend wur­de ich über­rascht. Der Kur­fürs­ten­damm hat wie­der das gewis­se Etwas. Auch mein Freund war über­rascht, dass er wie­der funkelte.
Die Schau­fens­ter der Luxus­lä­den strahl­ten in der Dun­kel­heit und ver­führ­ten zum Bum­meln. Die Restau­rants sind wie­der edel und nicht immer billig.
Wir gin­gen am Haus Cum­ber­land vor­bei, das einst ein Ver­wal­tungs­ge­bäu­de war, dann ein Film­schau­platz, unter ande­rem für einen „Jason Bourne Film“, und heu­te ist es ein Geschäfts­haus mit Luxusapartments.
Unser Weg führ­te uns wei­ter an einer Ber­li­ner Thea­ter-Insti­tu­ti­on vor­bei, die in die­ser Form Geschich­te ist – das „Thea­ter und die Komö­die am Kurfürstendamm“.
Sie wer­den abge­ris­sen und in 2 oder 3 Jah­ren soll hier ein neu­es Thea­ter ste­hen. Ob die­ses neue Thea­ter dann dem Charme das „Alten“ hat, bleibt abzu­war­ten. Ein Stück wei­ter, an der Ecke Uhland­stra­ße und Kur­fürs­ten­damm, ist eines der bekann­tes­ten Kinos der Stadt, das von der York-Grup­pe betrie­be­ne „Cine­ma Paris“. Die­ses Kino, das seit 1950 hier behei­ma­tet ist, ist eines der letz­ten Kinos am Kur­fürs­ten­damm und die­ses Gebäu­de war 1983 Ziel eines Ter­ror­an­schlags, beim dem ein Mensch getö­tet wor­den war und 23 Per­so­nen ver­letzt wurden.
Kinos gab es einst am Ku´damm wie Sand am Meer. Doch die meis­ten die­ser Film­pa­läs­te wur­den in den letz­ten 25 Jah­ren geschlos­sen und in Geschäf­te umge­wan­delt. Wie das Kino „Film­büh­ne Wien“, in dem sich heu­te der Flag­ship­s­to­re von Apple befin­det. Ich ken­ne es noch aus der Zeit nach dem Mau­er­fall, als es ein „Schach­tel­ki­no“ war. Davor, in den 50-ziger Jah­ren, ist eines der wich­tigs­ten Kinos von Ber­lin gewe­sen, denn es gehör­te zu den Licht­spiel­häu­sern, in denen die „Ber­li­na­le“ gebo­ren wur­de. Und ein Onkel erzählt noch heu­te davon, wie wild es dort zuging, als dort die gro­ßen Film­stars auf­tauch­ten, wenn sie ihren Film vorstellten.
Auch ein ande­res Kino am Kur­fürs­ten­damm, dass wich­tig für die Geschich­te des deut­schen Films war, ist ein Shop. Dort wo heu­te „Benet­ton“ sei­ne Beklei­dung ver­kauft, befand sich der „Glo­ria-Palast“, der 1943 zer­stört wur­de und nach dem Krieg fast an der­sel­ben Stel­le wie­der­auf­ge­baut wur­de. In die­sem Kino wur­de 1930 „Der blaue Engel“ mit Mar­le­ne Diet­rich urauf­ge­führt und noch ein Stück zum Breit­scheid­platz hin, auf der ande­ren Stra­ßen­sei­te gab es den berühm­ten „Mar­mor­pa­last“ in dem ein spa­ni­sches Mode­haus sei­nen Laden hat.
Wenn Sie nun über den Breit­scheid­platz gehen, wer­den Sie sehen wie sich die Gegend ver­än­dert hat. Altes, wie das „Schim­mel­p­fen­nig-Haus“, wur­de abge­ris­sen und durch Neu­es ersetzt. Mal ist es gelun­gen, mal nicht.
Und wenn Sie dann auf dem Breit­scheid­platz ste­hen und in Rich­tung Bahn­hof Zoo bli­cken, dann mer­ken sie wie schön die alte City (West) gewor­den ist.
Hier strah­len dann nicht nur der „Zoo-Palast“ und das „Biki­ni-Haus“, son­dern auch die bei­den Ber­li­ner „Mini-Wol­ken­krat­zer“, das „Uper-West“ und das „Zoo­fens­ter“, um die Wet­te. Bei die­sem Anblick stellt sich dann wie­der das alte Gefühl ein, dass der Kur­fürs­ten­damm das Herz der „City – West“ ist.
Wie einst als es hier noch jede Men­ge Kinos gab.

Info­kas­ten:

Start­punkt des Spa­zier­gangs ist der der Geor­ge-Grosz Platz an der Ecke Kur­fürs­ten­damm und Schlü­ter­stra­ße. Dann immer gera­de aus bis zum Breit­scheid­platz. Sie kön­nen die­sen Spa­zier­gang auch in umge­kehr­ter Rich­tung machen bis zum Oliv­aer Platz.

Län­ge der Stre­cke ca. 1,5 km

Anfahrt:

Oliv­aer Platz

Bus:
M19, M29, X10, 109, 110, 249, N10

zurück Rich­tung Breit­scheid­platz laufen.

erschie­nen in der BBZ — Ber­li­ner Behin­der­ten­zei­tung 07/08 2018