
Tränenpalast — Eingang
Lassen Sie uns heute eine Zeitreise machen. Sagen wir in das Jahr 1985.
Der Ort den wir diesmal besuchen, sah damals ganz anders aus. Das moderne Hochhaus rechts neben uns gab es noch nicht. Hier standen Bäume und Sträucher.
Von der Friedrichstraße, hinter uns, wabert der Duft von Zweitakterabgasen in unsere Nase.
Wir hören das typische Motorengeräusch der Trabant-Motoren, die einfahrende S‑Bahn und sehen Menschen die sich umarmen.
Einige überschwänglich mit Tüten und vollen Taschen in der Hand. Andere drücken sich zum Abschied lange. Wenn man genau hinhört, kann man manchmal auch ein leichtes Schluchzen hören.
Dann gehen die Leute mit zögernden Schritten, sich immer wieder umdrehend zum Gebäude mit der großen Glasfront.
Wenn wir hinter diesem Bau über das Wasser der Spree schauen, steht dort noch das Gebäude des „Alten Friedrichstadtpalastes“. Es ist Winter und ein grauer trostloser Dunst hat sich über die Gegend rund um den S‑Bahnhof Friedrichstraße gelegt.
In das Gebäude mit der großen Fensterfront, würde ich nicht hineinkommen. Wenn ich es versuchte, würde ich verhafte werden und im Stasiknast landen,
Das Wort „Tränenpalast“ in hellblauen Buchstaben und die vier Worte darunter „Ort der deutschen Teilung“ wären damals 1985 undenkbar gewesen.
Für mich als normaler DDR — Bürger, war hier einige Meter vor der sogenannten „Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße“ das „Ende der Welt“. Und der Witz an den diesem ganzen Bau war, das die „Mauer“ ‚oder wenn sie so wollen „die Grenze zu Berlin (West)“, noch ein ganzes Stück entfernt lag. Denn der Bahnhof und der „Tränenpalast“ lagen noch mitten im Gebiet der DDR.
Heute ist diese einst so weltbekannte „Grenzübergangsstelle“ ein Museum. Sie gehört zur Stiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“.
Das Wort „Museum“ passt auch nicht so recht. Ausstellung schon eher.
Zu sehen sind Koffer, Schautafel, Multimedia-Elemente, Grenzübergangsschalter ‑eng und klaustrophobisch- und man kann jede Menge Tondokumente von Zeitzeugen sich anhören. Für interessierte Touristen, mag diese Ausstellung gut sein. Sie zeigt historisch nüchtern wie es damals hier an diesem Ort zuging, wenn sich die Menschen aus den beiden deutschen Staaten begrüßten und wieder verabschieden mussten.
Doch für mich persönlich ist dieser „Ort der deutschen Teilung“ zu emotionslos. Ich habe ihn nach dem Mauerfall erlebt. Und immer wenn ich im „Westen“ übernachtet hatte und am Morgen zur Arbeit „in den Osten“ gefahren bin, hatte ich so ein ganz seltsames Gefühl, wenn ich den nun „offnen“ Grenzübergang passierte.
Das war bei meinen Besuch der Ausstellung nicht mehr so. Es wirkte dort für mich alles clean. Die Decke ist noch dieselbe wie 1989 auch der Fußboden ist noch der selbe. Beides im Originalzustand neu hergerichtet. Aber man hat mit der Renovierung und der Neugestaltung des Innren, diesem Ort irgendwie die Seele genommen.
Wie gesagt das ist mein ganz persönlicher Eindruck.
Als ich den “Tränenpalast“ wieder verließ, dreht ich mich auf der Treppe nochmals um. Ich schaute in die ehemalige „Abfertigungshalle“, da wußte ich was mir fehlte. Es „menschelte“ nicht.
Wenn ich mir vorstelle wieviele Tränen hier auf dem Fußboden getropft sind, von Menschen, die wußten, dass sie nie mehr zurückkehren konnten oder das sie vielleicht ihre Familienangehörigen für eine lange Zeit nicht wiedersehen würden, dann ist diese Ausstellung ziemlich nüchtern, um es höflich auszudrücken.
Eine Führung, die es auch in „Leichter Sprache“ gibt, habe ich nicht mitgemacht.
Den Audioguide zum „Tränenpalast“ kann man auf den Seiten der Stiftung herunter landen. Auch von ihm wurde ich nicht berührt, obwohl er sehr gut gemacht ist. Es kamen keine richtigen Emotionen bei Hören herüber.
Eins hat der Besuch des „Tränenpalastes“ bei mir ausgelöst. Auf der Heimfahrt begann mein Kopfkino. Es tauchten längst vergrabene Erinnerungen und Bilder auf. Und etwas Wehmut, an die Zeit damals im Winter 1989.
Infokasten:
Tränenpalast
Reichstagufer 17
10117 Berlin
Öffnungszeiten:
Di — Fr.: 9 — 19 Uhr
Sa, So, Feiertags: 10 — 18 Uhr
Mo. geschlossen
Eintritt frei
Verkehrkehrsanbindung:
U + S Bahn, Tram, Bus, diverse Linien
Station Bahnhof Friedrichstraße
Internet: www.hdg.de
e‑mail: besucherdienst-berlin@hdg.de
Tel: (030) 46 77 77 9–11
Museum ist Barrierefrei.
Inklusive Angebote werden kostenfrei angeboten (z. B. Gebärdensprachdolmetcher, Führung in Leichter Sprache) — Anmeldung wird erbeten
veröffentlich in der BBZ — Berliner Behinderten Zeitung 04/2019